Problemfall Generationswechsel in mittelständischen Druckereien

Veröffentlicht von Thomas Haver am

Viele der über 3.700 betroffenen und meist in Familienbesitz befindlichen Druckereien stehen in Deutschland vor einem Generationswechsel.

Über 3.700 mittelständische Druckereien, meist in Familienbesitz, stehen in Deutschland vor einem Generationswechsel. Das bedingt eine rechtzeitige Nachfolgeplanung, um Erfolg und Kontinuität auch in Zukunft zu gewährleisten.

Die Druckindustrie befindet sich inmitten eines tiefgreifenden Wandels mit massiven Herausforderungen: Printobjekte werden verstärkt zugunsten digitaler Veröffentlichungen eingestellt, unterbrochene Lieferketten und daraus resultierende Materialengpässe behindern den Workflow, die unsichere geopolitische Lage infolge des russischen Aggressionskrieges gegen die Ukraine schürt Ängste – und nicht zuletzt stößt das bisher probate deutsche Wirtschaftsmodell an seine Grenzen.

Diese Gemengelage erfordert langfristige strategische Entscheidungen. Das bedingt auch eine rechtzeitige Nachfolgeplanung, um Erfolg und Kontinuität auch in Zukunft zu gewährleisten. Doch die Realität sieht derzeit anders aus: Der Mittelstand der deutschen Druckereien steht vor einer bedeutenden Veränderung. Derzeit sind bereits 50% der Firmenchefs älter als 55 Jahre, in nur fünf Jahren werden mehr als 70% der Druckereichefs in Betrieben mit einem Umsatz zwischen 500.000 und 25 Millionen Euro ebenfalls älter als 55 Jahre sein. Dies führt dazu, dass viele der über 3.700 betroffenen und meist in Familienbesitz befindlichen Druckereien vor einem Generationswechsel stehen. Doch worauf sollten sie bei der Vorbereitung achten?

Um den Generationswechsel erfolgreich zu gestalten, sollten die „3Ws“ berücksichtigt werden:
Was soll wann an wen übergeben werden?

Es gibt kein perfektes Alter, um über die Unternehmensnachfolge nachzudenken, aber je älter der Seniorunternehmer, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit einer unorganisierten Notfallnachfolge aufgrund von Krankheit oder Tod. Ein Zeitplan, der festlegt, welche Vermögenswerte wann an wen übergeben werden sollen, hat sich in der Praxis als äußerst hilfreich erwiesen. In speziellen Workshops, die von Nachfolgeexperten moderiert werden, erarbeiten Unternehmerfamilien gemeinsam die passende Nachfolgestrategie, die oft einen Zeitraum zwischen drei und sieben Jahren umfasst. Dabei gibt es unterschiedliche Nachfolgemodelle, die den individuellen Bedürfnissen gerecht werden.

Generationswechsel durch familieninterne Nachfolge

Viele Familienunternehmer möchten, dass eines ihrer Kinder die Firma weiterführt. Ist ein geeigneter und bereitwilliger Nachfolger in der Familie vorhanden, sollte dieser rechtzeitig in das Unternehmen eingeführt werden. Gleichzeitig sollten mögliche anspruchsberechtigte Geschwister durch Vermögensübertragungen entsprechend abgefunden werden. Eine Unternehmensbewertung hilft dabei, den realistischen Firmenwert zu ermitteln und den Anteil am zu übergebenden Vermögen zu bestimmen.

Generationswechsel durch Fremdmanagement

Durch die tiefgreifenden Struktur- und Veränderungsprozesse in der Druckindustrie finden Familien möglicherweise keinen geeigneten Nachfolger in den eigenen Reihen. In diesem Fall kann ein geeigneter Fremdgeschäftsführer rechtzeitig gefunden und eingearbeitet werden, um das Unternehmen in Familienbesitz zu halten. Dies erfordert eine sorgfältige Planung und dauert üblicherweise mehrere Monate.

Generationswechsel durch Verkauf

Wenn weder eine familieninterne Nachfolge noch ein Fremdmanagement möglich ist, stellt der Verkauf eine echte Alternative dar. Besonders attraktiv für potenzielle Käufer sind Druckereien mit einem besonderen Alleinstellungsmerkmal, sei es durch Spezial-Know-how in Nischenmärkten, eine hohe Wertschöpfungstiefe oder -breite sowie fortschrittliche Digitalisierungstechnologien und eine breite Kundenbasis.

Eine solide Mitarbeiterbasis kann den Verkauf einer Druckerei erleichtern, da der Fachkräftemangel die Branche bereits heute beeinträchtigt. Die Käufergruppen für den Verkauf einer Druckerei können Druckkonzerne, mittelständische Drucker, Finanzinvestoren oder Management-Buy-Ins (MBIs) sein.

Allerdings gibt es auch Herausforderungen, die den Verkauf einer Druckerei erschweren können. Dazu gehören fehlende zweite Führungsebenen, Abhängigkeiten von wenigen Großkunden, ein überalterter Maschinenpark oder eine ältere Belegschaft. Ein erfolgreich vorbereiteter Transaktionsprozess mit aussagekräftigen Unterlagen und einem belastbaren Zahlenwerk ist entscheidend für potenzielle Kaufinteressenten.

Gesamter Mittelstand vor massiven Nachfolgeproblemen

Die Probleme einer Nachfolgeregelungen betreffen deutschlandweit längst den gesamten Mittelstand – das bestätigt auch eine Analyse der KfW aus dem Frühjahr 2023, basierend auf den Daten von 10.796 Unternehmen, die am neuesten KfW-Mittelstandspanel teilgenommen haben. Ein Großteil der etwa 3,8 Millionen mittelständischen Unternehmen wird demzufolge bis Ende des Jahres 2026 eine Nachfolge suchen – für rund 190.000 könnte das Fehlen einer konkreten Nachfolgeregelung zum Ausscheiden aus dem Markt führen. Laut dieser Analyse könnten allein bis zum Ende des Jahres 2023 etwa 70.000 geplante Unternehmensübergänge scheitern, weil es an einem geeigneten Nachfolger oder einer geeigneten Nachfolgerin fehlt. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW, äußerte sich besorgt über die Situation und sagte gegenüber der Nachrichtenagentur dpa: „Ungewollte Stilllegungen von Unternehmen werden in naher Zukunft voraussichtlich jeden vierten Nachfolgewunsch treffen.“

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Thomas Haver

Nach dem Abitur und einer journalistischen Ausbildung studierte Thomas Haver Kommunikationswissenschaften an der Universität GH Essen. In der Folge war er zwischen 1993 und 2014 in unterschiedlichen Funktionen in mittelständischen Agenturen, u.a. als Produktionsleiter, Account Director und Creative Director tätig. Seit 2015 ist er als Kommunikationsberater mit seiner Agentur LEITPUNKT (www.leitpunkt.com) selbstständig. Sein Fokus liegt in der Konzeption und Durchführung zielgerichteter Kommunikationsmaßnahmen für den Mittelstand.