Das neue Lieferkettengesetz

Veröffentlicht von Claus van den Berg am

Das hierzulande am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Lieferketten­sorgfaltspflichten­gesetz, kurz Lieferkettengesetz, regelt die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in den globalen Lieferketten.

Mangelnde Risikowahrnehmung birgt enorme Probleme

Das hierzulande am 1. Januar 2023 in Kraft getretene Lieferketten­sorgfaltspflichten­gesetz, kurz Lieferkettengesetz, regelt die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschenrechten in den globalen Lieferketten. Hierzu gehören beispielsweise der Schutz vor Kinderarbeit, das Recht auf faire Löhne ebenso wie der Schutz der Umwelt. Wenn Sie als in Deutschland ansässiger Betrieb nun denken, „das betrifft mich doch gar nicht“, dann liegen Sie falsch. Und das kann gefährlich werden…

Viele Mittelständler erkennen die Tragweite des geplanten Lieferkettengesetzes erst, wenn es fast zu spät ist. Gerade bei den kleinen und mittelständischen Druckunternehmen besteht nach unserer Wahrnehmung kaum eine Risikowahrnehmung. Dass bringt im schlimmsten Fall fatale Folgen mit sich, die für den Betrieb gefährlich und sogar existenzbedrohend sein können. Warum, das zeigen wir Ihnen im Folgenden anhand eines aktuellen Falls.

Ein aktuelles Praxisbeispiel

Ein familiengeführtes Unternehmen der Autozulieferindustrie mit rund 180 Angestellten stand dem Inkrafttreten des Gesetzes Anfang 2023 zunächst sehr gelassen gegenüber. Warum auch nicht, schließlich kommt es normalerweise erst bei Betrieben ab 3.000 Mitarbeitern zur Anwendung. Normalerweise! Denn die Autohersteller, darunter Audi, stellten neue Anforderungen an ihre Lieferanten: Bis zum 30. Juni 2023 mussten von allen Zulieferbetrieben ISO-Zertifizierungen für den Arbeitsschutz und das Energiemanagement vorliegen, außerdem eine Selbstauskunft, der zufolge alle Standards des Lieferkettengesetzes seitens des Unternehmens eingehalten werden. Ohne Vorlage dieser Unterlagen würde die Zusammenarbeit beendet.

Wenn die Zeit davonläuft

Als daraufhin in der Geschäftsleitung die Dringlichkeit erkannt wurde, blieben dem Unternehmen nur noch sechs Monate, um alle Belege rechtzeitig zu erstellen und beizubringen. Eine schier unlösbare Aufgabe. Das gesamte Führungsteam musste unter dem enormen Zeitdruck an einem Strang ziehen, um den kundenseitig gestellten Anforderungen gerecht zu werden. Es galt, einen Berg an Dokumenten zu erstellen, Schulungen zu absolvieren und einen detaillierten Fragebogen zu beantworten, um die wirtschaftliche Katastrophe abzuwenden.

Zertifizierungen kosten Geld

Die Autohersteller, darunter Audi, Porsche, Daimler und BMW, setzen auf eine Risikomanagement-Plattform und pochen auf die genannten Zertifizierungen und Selbstauskünfte. Die Herausforderung für das Familienunternehmen bestand nun jedoch nicht nur darin, alle Anforderungen zu erfüllen und den fast hundert Fragen und zahlreiche Unterpunkte umfassenden Fragebogen zu bearbeiten. Neben den enormen internen Anstrengungen machte die Zertifizierung auch die Einbindung externer Fachleute notwendig, was Kosten in einer Höhe von über 100.000 Euro verursachte.

Lieferkettengesetz birgt massive Verunsicherung

Trotz der Bemühungen und Investitionen des Unternehmens blieb erst einmal die Unsicherheit, ob mit den eingereichten Unterlagen alle Anforderungen erfüllt waren – und wie der Kunde aus der Automobilindustrie die Ergebnisse bewerten würden. Das Familienunternehmen stand kurz vor dem Ausschluss aus dem Lieferantenpool der Premiumkunden – und damit vor dem wirtschaftlichen Aus.

Dass schlussendlich in diesem Fall alles gut ausging, darf getrost als Einzelfall bewertet werden. Viele mittelständische Unternehmen hätten angesichts solcher Herausforderungen kaum eine Chance, ihr wirtschaftliches Überleben zu sichern.

Hoher Druck – aber nicht für mich?

Der skizzierte Weg durch die Anforderungen des Lieferkettengesetzes zeigt die Schwierigkeiten auf, mit denen Mittelständler konfrontiert sind, um die Standards globaler Lieferketten einzuhalten und gleichzeitig wirtschaftlich zu bleiben. Und der Druck auf die Betriebe wächst sogar noch: In gut 100 Tagen sollen neue Sorgfaltspflichten entlang der Lieferketten auch für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten gelten.

Jetzt legen Sie sich als Inhaber oder Geschäftsführer eines kleinen oder mittleren Unternehmen der Druckindustrie vielleicht immer noch gemütlich zurück und sagen entspannt: Das geht mir weiterhin am A…. vorbei und betrifft mich nicht. Da liegen Sie FALSCH! Das betrifft Sie nämlich selbst dann, wenn Sie gerade mal 10 Mitarbeiter beschäftigen – und zwar in allen Fällen, in denen Sie

  • direkt ODER indirekt Unternehmen beliefern, die selbst mehr als 1.000 Beschäftigte haben!
  • Das sind z.B. Unternehmen aus Pharma, Automotive, Handel (Discounter, LEH, Versandhandel).
  • Selbst wenn das keine Direktkunden ihrer Druckerei sind, müssen Sie am Ende dennoch die Verpflichtungen erfüllen, wie das vorstehende Praxisbeispiel zeigt.

Fazit

Suchen Sie sich Hilfe und Unterstützung, damit Sie angesichts dieser wachsenden Herausforderungen nicht allein auf sich gestellt sind. Beispielsweise bei einer echten Verbundgruppe wie EKDD eG – denn dort ist das entsprechende Fachwissen im Zusammenspiel mit den Dachorganisationen vorhanden.

Schließlich geht es bei EKDD nicht nur um gute Einkaufspreise, sondern auch um den Support der Mitglieder. Denn Support brauchen die mittelständischen Unternehmen der Druckbranche bei den steigenden Herausforderungen der Unternehmensführung und Unternehmensentwicklung mehr denn je.

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Claus van den Berg

Claus van den Berg ist seit Jahren interdisziplinär tätig. Dabei arbeitet er als Coach und berät Unternehmen, sowie Institutionen und Verbände. Sein Fokus liegt dabei auf den Menschen, ohne dabei Zahlen und Fakten außer acht zu lassen. Sein Ziel ist es Unternehmerinnen und Unternehmern aus Produktion, Dienstleistung und Industrie auf dem Weg in eine erfolgreiche Zukunft zu begleiten.