„Sale-and-Lease-Back“: Ein Rettungsanker mit Tücken

Veröffentlicht von Armin Borovička am

„Sale-and-Lease-Back“ im Unternehmen

Viele mittelständische Unternehmen kennen es: Werthaltige Maschinen, Nutzfahrzeuge oder Anlagen binden Kapital. Um das zu vermeiden und liquide Mittel freisetzen zu können, erfreut sich bei Unternehmen das sogenannte „Sale-and-Lease-Back“ als Finanzierungsform immer größerer Beliebtheit. Dabei wird das Objekt an eine Leasinggesellschaft verkauft und anschließend zurück geleast. Kann das gut gehen? Eine Bestandsaufnahme.

„Sale-and-Lease-Back“-Maßnahmen gehören längst zum kleinen 1×1 der Sanierung hoch verschuldeter Unternehmen. Aber auch zahllose Kommunen griffen in den vergangenen Jahren auf diesen „Trick“ zurück, um der Falle der Zahlungsunfähigkeit zu entgehen. Es klingt aber auch zu gut: Beworben wird die Durchführung von „Sale-and-Lease-Back“ damit, dass die Aufdeckung sogenannter „stiller Reserven“ für einen Zufluss von Liquidität sorgt. Schnell und unbürokratisch.

Stille Reserven auflösen

Diese stillen Reserven auf Seiten eines Unternehmens entstehen, wenn die Marktpreise von Anlagegegenständen über deren Buchwerten liegen. Sehr oft gilt das für Sachanlagen, die zwar buchhalterisch abgeschrieben sind, jedoch für die Produktion weiterhin benötigt werden und zudem am Markt für gebrauchte Anlagegegenstände noch einen guten Preis erzielen würden.

Nach dem Verkauf an die Leasinggesellschaft verschwindet der Vermögensgegenstand aus der Bilanz. Das Unternehmen erhält so schnell liquide Mittel und kann dennoch die Objekte wie gewohnt weiternutzen. Wird die Liquidität verwendet, um Kredite zu tilgen oder Rechnungen zu begleichen, verkürzt sich die Bilanz und der Eigenkapitalanteil steigt.

Vielfältige Vorteile

Auch steuerlich gibt es Vorteile: Sofern das Unternehmen über ausreichend aufgelaufene Verluste verfügt, gelingt es meistens, eine Steuerzahlung auf die Erträge aus der Aufdeckung der stillen Reserven zu verhindern. Die gewonnene Liquidität wird dann eingesetzt, um die Schulden des Unternehmens zu tilgen. Im Idealfall bleiben noch finanzielle Mittel übrig.

Nicht zuletzt gilt: Sind die Zahlungsmodalitäten der Leasingraten korrekt mit den zu erwartenden Erträgen des Vermögensgegenstands abgestimmt – man spricht auch von Kostenkongruenz – tritt der sogenannte „Pay-as-you-earn“-Effekt ein. Das bedeutet, dass sich das Leasingobjekt selbst finanziert.

Optimale Bilanzkosmetik

Unter’m Strich also eine ganze Menge bilanztechnischer Vorteile! Insbesondere auf der Passivseite konnten die Schulden reduziert werden, wobei gleichzeitig die Abgänge auf der Aktivseite aufgrund der geringen Buchwerte geringer ausfallen. So erhöht sich dank „Sale-and-Lease-Back“ die Eigenkapitalquote und der Verschuldensgrad sinkt. Das führt dazu, dass sich Bilanzkennzahlen positiv entwickeln. Diese Veränderungen stellt ein externer Sanierer gerne heraus und lässt sich für diese Erfolge feiern. Und natürlich auch gerne gut bezahlen.

Die Kehrseite

Allerdings ist dies nur die halbe Wahrheit. Dem Unternehmen fehlen nicht nur wesentliche Anlagegegenstände, sondern es sieht sich nun auch mit permanent höheren Ausgaben für das Lease back konfrontiert. Beim „Sale-and-Lease-Back“ liegt das Risiko nämlich in der Zukunft. Es ist wichtig, die gegenläufigen Folgewirkungen in den Jahren nach der Transaktion zu berücksichtigen. Oftmals übersteigen die Leasingkosten die wegfallenden Abschreibungen und den ersparten Zinsaufwand. Die Ertragssituation des Unternehmens hat sich also nicht verbessert.

Besondere Risiken

Durch die meist unkündbar vereinbarte lange Vertragslaufzeit der „Sale-and-Lease-Back“-Gestaltung ist bedingt, dass die 100-prozentige Finanzierung zu jedem Zeitpunkt des Leasing-Engagements durch die Werthaltigkeit des Objekts, bzw. generell der Zahlungsfähigkeit des Unternehmens gesichert sein muss. Dazu kommt ein erhebliches weiteres Risiko, wenn sich die Ertragssituation des Unternehmens ohne eigenen Einfluss signifikant ändert – bestes Beispiel sind aktuell die Corona-Krise und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, die die Märkte in Aufruhr versetzen.

Probleme in Krisenzeiten

Ist man in einer solchen Krise auf „Sale-and-Lease-Back“ angewiesen, handelt es sich in der Regel um ein Verlustgeschäft, da Immobilien und Maschinen unter Wert verkauft werden müssen. Auch die Instandhaltungsarbeiten, Reparaturen und Versicherungen müssen meist weiterhin vom leasenden Unternehmen getragen werden. Das „Sale-and-Lease-Back“-Geschäft ist nur einmal möglich, die stillen Reserven sind danach keine Reserveren oder Sicherheiten mehr. Das verkaufende Unternehmen profitiert nicht von künftigen Wertsteigerungen, außer im Vertrag ist eine entsprechende Kaufoption bei Laufzeitende festgelegt.

Weitere Fallstricke

Auch aus der Vertragsgestaltung selbst können sich Fallstricke ergeben: Es ist bereits vorgekommen, dass die erwünschte off-balance-Bilanzierung des Leasingobjekts mit der damit einhergehenden Bilanzverkürzung nicht funktionierte und der Leasingnehmer weiterhin als wirtschaftlicher Eigentümer des Leasingobjekts anzusehen war – auch vom Finanzamt. Der Leasingvertrag sollte also vorab immer intensiv mit dem Steuerberater besprochen werden.

Totalverluste sind möglich

Wenn es aufgrund unvorhergesehener Umstände zu Unregelmäßigkeiten bei der Ratenzahlung kommt, kann es für das Unternehmen ganz schnell eng werden. Denn bei Zahlungsverzug kann die Leasinggesellschaft nicht nur den Vertrag vorzeitig kündigen, sondern auch das Leasinggut verwerten – es also anderweitig weiterveräußern. Das führt für das betroffene Unternehmen schlussendlich vom Produktionsausfall bis hin zum möglichen Totalverlust.

Fazit

Lassen Sie sich bei Ihrer Entscheidung nicht von den vollmundigen Versprechen diverser Unternehmensberatungen blenden. Vor Abschluss sollten Sie grundsätzlich die Kosten und Risiken einer solchen Transaktion auch im Hinblick auf steuerliche Konsequenzen und Risiken im Falle der Insolvenz prüfen. Natürlich können „Sale-and-Lease-Back“ Transaktionen prinzipiell ein probates Mittel zur Liquiditätsgenerierung im Unternehmen sein. Ein „märchenhafter Trick“ zur schnellen Sanierung sind sie hingegen keinesfalls. Zumal sie nicht isoliert zur Rettung führen, sondern nur eingebettet in ein umfassendes Sanierungskonzept als Baustein zu einer nachhaltigen Sanierung des Unternehmens fungieren können.

Tipp: Schweres Thema ganz einfach

Die FernUniversität in Hagen hat zum Thema „Sale-and-Lease-Back“ ein kurzes Lehrfilmchen erstellt, in dem das grundlegende Funktionsprinzip einschließlich der damit verbundenen Probleme ganz einfach erklärt wird. Eine sehr gelungene Veranschaulichung dieses komplexen betriebswirtschaftlichen Sachverhaltes.

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Armin Borovička

|Armin Borovička arbeitet seit 2011 als selbstständiger Restrukturierungs- und Sanierungsexperte mit dem Fokus auf integrierter Unternehmensplanung, Controlling und Kostenrechnung sowie der ganzheitlichen Unternehmensführung. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter der ENGELMANN Die Beratungsgesellschaft in Rutesheim