Druckmarkt:
Sind Werbeprospekte noch zu retten?
Werbeprospekte, Flyer, Kataloge – bislang hat die digitale Revolution nicht alle Drucksachen vollständig ablösen können. Derzeit sind Händler und Verbraucher gleichermaßen von ihrem Wert mehrheitlich überzeugt. Doch die Zeichen stehen auf Sturm: Explodierende Energiekosten und Rohstoffpreise sowie nicht zuletzt ökologische Erwägungen könnten das Aus für dieses Medium beschleunigen.
Jeden Monat fallen unglaubliche 2,3 Milliarden Werbeprospekte aus den Briefkästen der deutschen Haushalte oder liegen Zeitungen und Zeitschriften bei. Dahingehend befragte Händler geben an, dass solche Handzettel für sie immer noch ein attraktives Werbemedium sind.
Und die Verbraucher*innen? Einer repräsentativen Umfrage zufolge lesen rund 90% von ihnen zumindest gelegentlich den gedruckten Handzettel. Einige „studieren“ geradezu den Handzettel und richten Ihr Einkaufsverhalten danach aus, planen mit Hilfe des Handzettels ihren Wocheneinkauf und entscheiden, wo sie einkaufen gehen.
Handzettel auf der Abschussliste
Nun hat Deutschlands größte Baumarktkette „OBI“ angekündigt zukünftig auf den Handzettel verzichten zu wollen. Auch Deutschlands größter Lebensmittelhändler EDEKA erklärte bereits, die Werbung verstärkt in digitale Kanäle verlagern zu wollen. Allerdings möchte man bei EDEKA nicht komplett auf den Handzettel verzichten.
Warum aber diese Entwicklung? Schauen wir doch einmal auf die andere Seite der Medaille: Die Produktion von Milliarden Werbeprospekten führt zu Unmengen von Abfall. Wenn wir ehrlich sind, wird jeder Handzettel mehr oder minder direkt für die Altpapiertonne produziert. Da muss der Nutzen entsprechend neu abgewogen werden. Und das nicht erst, seit die Papierkosten in jüngerer Zeit so dramatisch gestiegen sind.
Mit harten Zahlen und Fakten kann aktuell bereits REWE aufwarten. Die Einzelhandelsgruppe, die aktuell jede Woche 25 Millionen Handzettel verteilt, will in einem ersten Schritt die Auflage der hauseigenen Werbeprospekte ab August 2022 auf rund 20 Millionen reduzieren. Ab Juli 2023 möchte REWE die Produktion von Handzetteln komplett einstellen. Allein die Einstellung dieses Werbemittels hat für die Gruppe eine Ersparnis von über 73.000 Tonnen Papier sowie 1,1 Millionen Tonnen Wasser, 70.000 Tonnen CO2 und 380 Millionen Kilowattstunden Energie pro Jahr zur Folge.
Der Verzicht auf Werbeprospekte ist möglich
Dass ein Verzicht auf gedruckte Handzettel, Magazine oder Kataloge durchaus möglich ist, haben in der jüngeren Vergangenheit schon große Namen im Einzelhandel bewiesen: Der schwedische Möbelriese IKEA produziert seit 2021 den beliebten IKEA-Katalog nicht mehr. Der Versandhändler OTTO hatte bereits 2018 die Produktion seines Hauptkataloges, der zweimal im Jahr mit rund 1.000 Seiten und einer Auflage von knapp 10 Millionen Exemplaren gedruckt wurde, eingestellt. Viele der OTTO-Töchter (Baur-Witt…) sind diesem Beispiel gefolgt. Nicht vergessen wollen wir das ADAC-Magazin, das früher mit rund 13 Millionen Exemplaren 10-mal im Jahr gedruckt wurde. Heute gibt es dieses Magazin noch viermal im Jahr mit deutlich geringer Auflage. Selbstverständlich längst flankiert von einer digitalen Ausgabe.
Viel Druck auf der Druckbranche
Zieht man aus diesen Entwicklungen die richtigen Schlüsse, so erscheint es nahezu unausweichlich, dass die Ära der großvolumig produzierten Werbeprospekte und Handzettel langsam, aber sicher zu Ende geht. Sicher werden die aktuell erneut dramatisch gestiegenen Energiekosten und Rohstoffpreise den Niedergang der Werbeprospekte weiter beschleunigen.
Was das für den Druckmarkt heißt? Niemand weiß, wie es langfristig mit dem High-Volume-Printing weiter gehen soll. Maschinenkapazitäten für die Produktion der Werbeprospekte gibt es in Deutschland sicher ausreichend. Spätestens in zwei, drei Jahren wird sich unausweichlich die Frage stellen: Was wird gedruckt, wenn die Werbeprospekte gänzlich ausgestorben sind?
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