Sinnvoll kooperieren statt sinnlos konkurrieren

Veröffentlicht von Ulrike Stahl am

Sinnvoll kooperieren!

„Niemand ist eine Insel, in sich ganz; jeder Mensch ist ein Stück des Kontinents, ein Teil des Festlandes. …“ Was der englische Schriftsteller und Dichter John Donne bereits Anfang des 17. Jahrhunderts so bildhaft beschrieben hat, trifft auf das 21. Jahrhundert umso mehr zu: Niemand ist eine Insel! Kein Mensch, kein Unternehmen, keine Nation ist in sich ganz, sondern immer ein Teil von etwas Größerem.

Wir Menschen brauchen den Zusammenhalt. Nur wenn wir unser Wissen vernetzen und teilen, unterschiedliche Perspektiven und Synergien nutzen, können wir kokreativ neue Ideen entwickeln – und ganz nebenbei noch Ressourcen sparen.

Mit Blick auf den langfristig gemeinsamen Gewinn lohnt es sich auch mal auf den schnellen, individuellen Gewinn verzichten. Aber nicht nur das: Wir müssen erkennen, dass wir von anderen Vorgehensweisen profitieren können – wohlwissend, dass es immer wieder eine Herausforderung ist, mit Andersartigkeit umzugehen.

Das Zauberwort dafür heißt Vorschussvertrauen, d.h. wenn wir davon ausgehen, dass die anderen sich auch kooperationsfördernd verhalten, sind auch wir eher bereit, alles zu geben. Dann wird aus eins und eins drei oder noch viel mehr.

Aber was hält uns davon ab, zu kooperieren?

Wir sind … zu bequem: „Wir machen unsere Sachen schon immer so. Jetzt einen völlig neuen Weg einzuschlagen birgt ein unkalkulierbares Risiko und das wollen wir nicht eingehen.“

… zu beschäftigt: „Uns steht die Arbeit eh bis Oberkante Unterlippe. Kooperieren wäre ja super, aber dafür haben wir jetzt keine Zeit.“

… und zu blauäugig: „Das Konkurrenzdenken hat uns bis hierhergebracht – und wird uns sicher auch weitertragen. Alles andere geht vorbei.“

Nein gerade nicht! Jetzt gilt es, andere Wege zu gehen und die neue Technik der Kooperation zu lernen.

1. Selbstorganisierte Teams

Enge Führung behindert den Workflow und funktioniert nicht. Das mussten Führungskräfte während des Lockdowns sehr deutlich erfahren. Und Mitarbeiter, die es schätzen, genau gesagt zu bekommen, was sie wie tun sollen, ebenfalls. Durch das Kontrollvakuum ist Raum für Selbstorganisation und Eigeninitiative in der Zusammenarbeit entstanden. Unternehmen, in denen dieser Raum zugelassen und genutzt wird, kommen besser durch Krise und Veränderung als andere. Der größte Teil unserer Arbeitswelt wird auch in Zukunft nicht berechenbar sein. Dem kann nur durch den „Bau“ von Mannschaften, also interdisziplinären Teams, begegnet werden, die sich selbst organisieren und flexibel auf die wechselnden Anforderungen reagieren. Die wichtigste Aufgabe für Unternehmen und Führungskräfte ist es, zu erkennen, welche Aufgaben wie bisher im hierarchischen Setting und durch Arbeitsteilung abgearbeitet werden können und für welche Aufgaben Kollaboration, also echte Zusammenarbeit, und Strukturen für Selbstorganisation erforderlich sind.

Fazit: Aus Pflicht wird Freiwilligkeit, aus Anordnung erwächst ein eigenverantwortlicher Umgang – sowohl mit Themen als auch Zeit – unserer eigenen wie der von anderen Menschen. In diesem Zusammenhang wird sich auch die Diskussion über den Umgang mit Vertrauen und Kontrolle intensivieren.

2. Serendipität ermöglichen

Serendipität bezeichnet eine zufällige Wahrnehmung von etwas ursprünglich nicht Gesuchtem, das sich als neue und überraschende Entdeckung erweist. Das ist der Fall, wenn wir auf dem Gang zur Kantine in einem zufälligen Gespräch einen Gedankenimpuls erhalten, der uns auf eine neue Idee bringt. In der virtuellen Zusammenarbeit kommt diese soziale Zufälligkeit komplett zum Erliegen. Unternehmen, die auf Innovation angewiesen sind, werden ihre Mitarbeiter immer wieder aus dem Homeoffice locken müssen, um diese zufällige Begegnung zu ermöglichen. Büroräume müssen so gestaltet werden, dass sie eine Sogwirkung erzielen, einen echten Mehrwert bieten. Es sind die Kollegen und Mitarbeiter, die wir brauchen, um unseren Teil der Arbeit gut oder sogar besser zu erledigen. Es ist der persönliche Austausch, der Projekte schneller voranschreiten lässt. Es ist die Kultur, die Stimmung, die einen idealen Austausch, ein kreatives Miteinander, innovative Ideen und wirksame Entscheidungen fördert. Und dabei muss die Büroinfrastruktur unterstützen.

Fazit: Es genügt also nicht, die Mitarbeiter einfach wieder in ihre alten Büros zu setzen. Die Büroflächen müssen Kollaboration fördern und die Wahrscheinlichkeit sich zu begegnen aktiv erhöht werden.

3. Interdisziplinarität

Der wissenschaftliche Fortschritt hat nur noch Probleme offengelassen, die unglaublich schwer zu lösen sind. Forscher sind einerseits gezwungen, sich immer mehr zu spezialisieren. Zugleich müssen die Experten aufgrund der zunehmenden Komplexität des menschlichen Wissens zusammenarbeiten. Die Herausforderungen liegen in den Schnittpunkten der Disziplinen. Und das gilt nicht nur für die Wissenschaft, sondern für praktisch jeden Wirtschaftszweig. Unterschiedliche Bereiche können voneinander lernen und sich gegenseitig bereichern. Das stellt höhere Anforderungen an die sozialen Fähigkeiten in der Zusammenarbeit. Es geht darum, andere Perspektiven und Herangehensweisen wertschätzend mit offenen Armen und Gehirnen zu empfangen und daraus gemeinsam Lösungen und Innovationen zu schaffen. Und es geht für die einzelnen Disziplinen auch darum, durchlässiger zu werden, mehr den Austausch zu suchen – vor allem in den Unternehmen.

Fazit: Die komplexen Herausforderungen der heutigen Zeit können wir nur gemeinsam lösen, über Teams, Abteilungen und Disziplinen hinweg.

4. Kooperation – sogar mit dem Wettbewerb

Und es geht noch weiter: Unternehmen machen ihre Kunden und andere Unternehmen – zum Teil sogar Wettbewerber – zu Partnern, wie das Beispiel von Mercedes Benz und BMW zeigt: Die beiden Unternehmen haben ihre Mobilitätsdienste in fünf gemeinsame Firmen gebündelt. Verständlich, denn alleine wären beide Unternehmen langsamer und könnten die Entwicklungskosten schwer oder gar nicht stemmen.

Da kommt unser Weltbild ins Wanken. Was ist da los, wenn jetzt schon Konkurrenten zusammenarbeiten? Schwächeln die Unternehmen etwa? Ganz im Gegenteil: Kooperieren ist stark und intelligent. Und das ist nur eine von vielen Kooperationen, die den unvermeidbaren wirtschaftlichen Paradigmenwandel illustrieren.

Ein anderes Beispiel der Zusammenarbeit sind sogenannten WOL-Circles, in denen namhafte Unternehmen Mitarbeiter dazu motivieren, Netzwerke über die Unternehmensgrenzen hinaus aufzubauen und sich so unternehmensübergreifend zu organisieren. In einem 12-Wochen-Programm geht es darum, Beziehungen aufzubauen, die einem dabei helfen können, eine Fähigkeit zu entwickeln oder ein neues Thema zu entdecken. Die jeweils vier bis fünf Mitglieder eines solchen Circles unterstützen sich dabei gegenseitig.

Fazit: Auch wenn Unternehmen im Wettbewerb stehen– es lohnt ich immer über Kooperationsmöglichkeiten nachzudenken und den Mitarbeitern die Augen dafür zu öffnen.

Anstatt mehr vom selben zu tun, müssen wir auch immer vollkommen Neues wagen – ähnlich dem berühmtesten Hochspringer aller Zeiten Dick Fosbury, der 1968 den Hochsprung revolutionierte. Wie noch keiner vor ihm, sprang er mit dem Rücken zur Latte. Auch heute hat vieles, was lange Zeit galt, keinen Bestand mehr. Wer in der heutigen schnellen und vernetzten Welt erfolgreich sein will, muss komplett umdenken und umlernen.

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Ulrike Stahl

Als WIRologin hilft Ulrike Stahl Führungskräften, Teams und Organisationen das volle Potenzial in der Zusammenarbeit zu heben und Spitzenleistung zu erzielen. Sie ist eine gefragte Rednerin – auf der Bühne und online – und Autorin des Buches „So geht WIRTSCHAFT! Kooperativ. Kollaborativ. Kokreativ.“ – laut Handelsblatt eines der besten Wirtschaftsbücher. Mehr Infos unter: www.ulrike-stahl.com / Foto: Kersti Niglas